Haben Sie sich schon mal gefragt, wie Dolmetscher sich den ganzen Inhalt, den es zu übersetzen gilt, überhaupt merken können?
Klar, ein gutes Gedächtnis und hohe Konzentrationsfähigkeit sind essentiell. Aber wussten Sie, dass viele Dolmetschende ihre ganz eigenen Notizentechniken entwickeln und dass Techniken zur Notizennahme sogar in der Dolmetschausbildung gelehrt werden?
Bei den Notizen handelt es sich dabei nicht um Stichwörter im klassischen Sinne – für Wort-für-Wort-Notizen haben die meisten Dolmetschenden nämlich gar nicht genug Zeit. Stattdessen arbeiten sie mit Symbolen und kleinen Skizzen, um Zusammenhänge aus dem Gesprochenen visuell darzustellen und sich eine Gedächtnisstütze zu bauen.
Der griechische Buchstabe π kann zum Beispiel für das Wort “Politik” oder “politisch” stehen. Zwei sich überschneidende Kreise stehen vielleicht für eine “Union”. Und je nach Kontext überlegen sich viele Dolmetschende schon vor ihrem Einsatz eigene Symbole, um die Namen der im Gespräch wahrscheinlich oft vorkommenden Parteien oder Organisationen darzustellen.Dabei kommt es nicht darauf an, die exakte Formulierung einer Aussage zu notieren. Vielmehr geht es darum, die Hauptideen des Gesagten festzuhalten und wichtige Details wie Zahlen oder Namen zu erfassen.
Notizentechniken kommen hauptsächlich beim Konsekutivdolmetschen zum Einsatz, beim Simultandolmetschen ist nämlich der zeitliche Abstand zwischen Sprecher und Dolmetscher zu eng, um selbst eine stark abgekürzte Notizennahme zu erlauben.
Das Ganze mag ein bisschen nach Stenografie klingen, ist aber eine grundlegend andere Sache. Denn bei der Stenografie geht es ja genau darum, möglichst Wort für Wort mitzuschreiben.
Vielleicht fällt Ihnen ja beim nächsten Gespräch mit einem Dolmetscher auch auf, wie er oder sie sich kleine Notizen in Geheimschrift macht, während Sie sprechen.
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